Hier findest du eine kleine Auswahl an Fragen und Antworten aus dem Buch „Einfach frei: Das Ende der spirituellen Suche nach Erleuchtung“.

„Ich bin, obwohl ich denke.“

OLIVER

Satsang-Lehrer sprechen häufig vom ICH BIN, welches der Schlüssel zu allem sei. Ich kann damit nichts anfangen. Ich kann mir das ICH BIN beim besten Willen nicht vorstellen.

Man kann sich ICH BIN nicht vorstellen. Es ist unvorstellbar. Das unpersönliche ICH BIN, das man als eine Art Gefühl von »Eins sein mit allem« beschreiben könnte, wird vom spirituellen Verstand automatisch mit einem persönlichen Ich (dem Ichlein) und somit dem physischen Körper gleichsetzt. Die Allgegenwart des unpersönlichen und immer präsenten ICH BIN wird erst dann akzeptiert, wenn dieser Identifikationsgedanke abfällt. Das ICH BIN wird dann als eine Art Grundton von unpersönlicher Existenz empfunden, der ALLES miteinschliesst. Das Erfreuliche daran ist, dass dieser Grundton auch dir bestens bekannt ist, da er immer gegenwärtig ist und in jedem Moment in der Symphonie deines Lebens mitschwingt.

Kümmere dich also nicht um das ICH BIN. Du kannst und brauchst es nicht zu verstehen. Entspanne dich und tue, was auch immer du gerade tust. Das ICH BIN ist auch dann da.

Kannst du uns sagen, was eigentlich genau mit dir passiert ist? Ist überhaupt etwas passiert?

Beides. Scheinbar. Es muss anscheinend irgendetwas passiert sein, sonst gäbe es dieses Buch nicht. Andererseits steht in diesem Buch, dass nichts geschehen muss, um euch zu dem zu machen, was ihr schon seid. Paradox, nicht?

Meine spirituelle Suche nach dem verloren geglaubten Paradies begann mit der scheinbaren Trennung von der Einheit in meiner frühesten Kindheit. Davor gab es keine Trennung in Subjekt (Ich) und Objekt (Du). Mamas Augenpaar wurde zwar als Baby wahrgenommen, aber es war noch nicht Mama, die „mich“ anschaute, sondern da tauchten einfach nur zwei „Dinger“ in meinem Blickfeld auf (nein, ich meine zwei AUGEN, hallooo!).

Als bei mir der Trennungsgedanke und mit ihm das Ichlein irgendwann in den ersten Lebensjahren auftauchte, tauchte gleichzeitig auch eine tiefe Sehnsucht auf. Ein subtiles Gefühl, irgendetwas Wunderbares verloren zu haben. So begann meine unbewusste Suche nach „Einheit“, nach diesem schon einmal erlebten Frieden.

Mit der Zeit vergass ich, dass das Gesuchte immer da und gar nie weg war. Andauernd habe ich das Naheliegendste, Einfachste übersehen. Mein spiritueller Verstand begann von diesem Zeitpunkt an, etwas zu suchen, was von ihm nie gefunden werden kann. Als ob ein Auge versuchte, sich selber zu sehen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Und doch, auch das gehört dazu. Auch das ist Teil des leela, des vollkommenen göttlichen Spiels, auch Leben genannt.

Die Suche nach Einheit führte mich im Laufe der Zeit auf religiöse und spirituelle Pfade, in der Annahme, diese seien am besten geeignet, den Kern von allem zu finden. Ich begann, in meinem Verstand Konzepte von Erleuchtung anzuhäufen, die ich aus Tausenden von Seiten spiritueller Literatur zusammengetragen hatte. Diese Vorstellungen von Einheit wurden vom spirituellen Verstand geradezu verschlungen und trugen dazu bei, die Konditionierung meines „Körper-Verstand-Komplex­es“ zu ändern. Ich wurde »bewusster« und ruhiger. Doch die Einheit blieb dem Verstand verborgen.

Mit der Zeit brachten die vielen Konzepte meinen Verstand beinahe um sich selber. Mein Kopf begann zu kochen vom vielen Denken. Bis plötzlich eines Tages die Worte aus Transkriptionen von Satsangs und aus Büchern des sogenannten »Neo-Advaita«, die oft auch als „Non-Duality“-Literatur bezeichnet werden, in mir Resonanz erzeugten. Diese Worte rieten mir, alle Konzepte fallen zu lassen und nicht mehr zu suchen, da ja alles schon da sei. Die Suche einfach sein zu lassen und sich nicht mehr um Konzepte wie „Erleuchtung“, „Erwachen“ oder „Befreiung“ zu kümmern. Still zu sein. Nach Hause zu gehen, Tee zu trinken und die Zeitung zu lesen.

Wow, welch eine unglaubliche Freiheit! Ich wusste tief im Innern, dass diese Worte wahr sein mussten und stellte sie seither nie mehr in Frage. Sie drangen tief in mein Unterbewusstsein und arbeiteten dort still vor sich hin.

Eines Nachts geschah es. Ich schlief ein mit dem Gedanken, dass von nun an jede Veränderung des momentanen Zustands positiv ist, so auch die grösstmögliche Veränderung, nämlich der Tod. Gleichzeitig hatte ich tiefstes Vertrauen darauf, dass dieser Tod nicht der physische Tod des Körpers bedeutet, sondern nur der Tod des Ichleins, des einen (!) winzigen Trennungsgedankens.

Dann geschah es, dass sich innerhalb eines Augenblicks das Gefühl einer persönlichen Täterschaft, also die Identifikation mit einem separaten Ich-Gedanken, auflöste. Dieser Moment war vollkommen unspektakulär, da das wahre Ich das Vertrauteste ist, was es gibt. Er war mit keinen Explosionen im Gehirn verbunden, keinen leuchtenden Tunneln oder übersinnlichen Erscheinungen. Die Grenze zwischen, zwischen Leben und Tod, zwischen Gut und Böse hörte einfach plötzlich auf zu existieren. Aha, so unglaublich einfach ist es also!

Damit wir uns richtig verstehen; dies ist meine ganz persönliche Geschichte. Sie ist eine unter unendlich vielen möglichen Geschichten. Eine winzige Welle im Ozean des Seins. Es geht hier nicht um körperliche oder psychische Erfahrungen einer kleinen individuellen Welle. Alles kann aus dem Sein auftauchen. Und was auftaucht, kann auch wieder verschwinden. Es kann nicht festgehalten werden. Nichts kann festgehalten werden. Wahrheit, die festgehalten wird, ist keine Wahrheit mehr. Diese Erkenntnis bedeutet totale Befreiung, allerdings für »niemanden«, da niemand mehr da ist, der diese Erkenntnis personifizieren könnte.

Das Einzige, was seit diesem Erlebnis permanent da ist, ist eine Art Grundton von Existenz. Dieser ist gewissermassen die kleinstmögliche Ausprägung von Einheit im menschlichen Körper. Dieser Grundton war schon immer da. Er begleitete mich die ganze Zeit. Er ist das Naheliegendste, was es gibt. Er ist das Einzige, was WIRKLICH ist. Er ist Einheit.

Dieses Gefühl von Existenz ist so nahe, dass man es immer übersieht. Wie eine Brille, durch die man die ganze Zeit hindurchsieht, jedoch vergessen hat, dass man sie trägt. Es ist das Offensichtlichste, was es gibt. Es offenbart sich nur in der Abwesenheit des Verstandes, der es behalten und verstehen will. Wenn der spirituelle Verstand für einen winzigen Augenblick ruhig ist, wenn er für einmal nichts einteilen und nichts analysieren möchte, dann offenbart es sich. Das ist das Ende des spirituellen Verstandes, der sich von nun an in seiner Funktion als arbeitender, organisierender Verstand um das kümmert, was im täglichen Leben getan werden muss.

 Auch der »Körper-Verstand-Komplex«, der früher mit einer Person namens Oliver gleichgesetzt wurde, funktioniert perfekt weiter gemäss seiner Konditionierung durch Vererbung, Sozialisation und Lebenserfahrung. Doch es ist jetzt niemand mehr da, der involviert ist in dieses leela, dieses göttliche Spiel. Es wird als das erkannt, was es ist. Als Gedankenform, die wie eine Welle aus dem Ozean des Seins aufsteigt und wieder absinkt. Es ist der Tanz des Lebens.

Im Satsang hört man oft folgende Antworten, wenn jemand eine Frage stellt: „Wem erscheint dies so?“ Oder: „Ist da niemand, der dies verstehen kann?“ Ich verstehe nicht, was damit gemeint sein soll. Ist diese Aussage auf die scheinbare Person bezogen oder auf das Bewusstsein, also das Sein?

Grundsätzlich geht es im Satsang immer um dieselbe Frage: „Wer ist es, der Fragen stellt?“ Die Erforschung dieser Frage durch den Verstand führt zu einer Art Endlosschlaufe. Die Antwort kann von der fragenden Person nie gefunden werden, da mit dem Auftauchen der Antwort gleichzeitig diese Person, also der Identifikationsgedanke, wegfällt. Dann gibt es niemanden mehr, der eine Antwort möchte. Niemand ist mehr da, der die Antwort „behalten“ und „konservieren“ könnte. Die letztendliche Erkenntnis hat am Schluss also niemand, da Erkenntnis in diesem Fall bedeutet, dass da nur DAS ist, das Eine, das Sein, und dass es im Sein kein „Entweder…, oder…“ gibt, also auch keine Fragen und Antworten. Dies bedeutet, dass sich der Fragende nicht den Kopf darüber zerbrechen muss, wer dieses „Ich“ ist, das die Fragen stellt. Es ist unnötig. Da ist nur Einheit. Das Ich, das Fragen stellt, ist Einheit, die als Ich, das Fragen stellt, erscheint. Es muss also nichts getan werden. Befreiung ist JETZT da. Du kannst dich entspannen und „es“ geschehen lassen. Denn es ist ja bereits geschehen.

Was genau ist denn vollkommenes Akzeptieren? Was passiert im Kopf/Körper? Irgendwie funkt der Verstand immer dazwischen, um eine gewisse Situation, Vergangenes oder Krankheit zu akzeptieren. Ich habe das Gefühl, das liegt in seiner Natur. Sobald ich mich mit etwas befasse, fängt der Verstand an zu rattern. Aber wann akzeptiert man etwas vollkommen?

Ein Stichwort, das ich dir als Gedankenspiel im Zusammenhang mit vollkommener Akzeptanz geben kann, ist „Einschliesslichkeit“. Und zwar „vollkommene Einschliesslichkeit“, ohne Ausnahme. Schliesse ALLES mit ein. Wenn du „Einschliesslichkeit“ auf „Akzeptanz“ anwendest, du also alles, was auftaucht, miteinschliesst, heisst das, dass vollkommene Akzeptanz nichts mit dem Akzeptieren einer bestimmten Situation zu tun hat. Auch wenn dein Verstand eine Situation nicht akzeptieren kann, kann er durchaus akzeptieren, dass er die Situation nicht akzeptieren kann. Er kann aber auch akzeptieren, dass er nicht akzeptieren kann, dass er die Situation nicht akzeptieren kann. Das kannst du unendlich lange weiterspinnen, denn es ist immer eine Person da, die denkt, etwas akzeptieren zu müssen. Dein Verstand wird also nie etwas vollkommen akzeptieren können. Vollkommene Akzeptanz und somit vollkommene Einschliesslichkeit ist da, wenn die Person wegfällt, die meint, etwas akzeptieren zu müssen. Dann verschmelzen Unendlichkeit und JETZT zu Einheit.

Apropos Verstand: Du kannst mit dem Verstand, wenn du ihn richtig einsetzt, alles erschaffen. Doch befreien kannst du dich damit nicht, denn du kannst dich nicht selber wegdenken. Deshalb sage ich immer, dass du ruhig aufhören kannst, deinen armen Verstand mit spirituellen Fragen zu martern. Entspanne dich, denn du bist genau JETZT frei!

Es heisst, man müsse alles loslassen, um vollkommen befreit zu werden. Was bedeutet das genau?

So, heisst es? Nun, die konditionierte Vorstellung der Menschen in dieser dualen Welt von Zeit und Raum ist die, dass alles immer eine Ursache haben muss. Damit vollständige Befreiung stattfinden könne, so wird oft behauptet, müsse zuerst etwas geschehen. Es müsse zum Beispiel etwas losgelassen werden, zum Beispiel die Angst, das Materielle, bestimmte Gedanken, etc. Oder aber es müsse ein „Tor zur Erleuchtung“ durchschritten oder ein »Sprung in die Freiheit« getan werden. Die Liste ist unendlich lang.

Doch da ist niemand, der irgendetwas loslassen könnte oder müsste. Einheit kann Einheit nicht loslassen. Auch nicht durchschreiten. Einheit war, ist und bleibt immer Einheit. Es muss auch kein Reichtum aufgegeben werden, ausser man möchte fortan lieber auf der Strasse leben. Der Reichtum selber IST Einheit. Es muss auch kein „unwürdiger“ Gedanke aufgegeben werden. Dieser Gedanke ist auch Einheit.

Befreiung geschieht also NICHT ALS FOLGE des Aufgebens von irgendetwas, sondern, wenn du so willst, TROTZ dieses Aufgebens. Aufgeben ist also weder notwendig noch hinderlich. Einheit war vor dem Aufgeben da und Einheit wird auch nach dem Aufgeben da sein. So wie Wellen im Ozean immer da und immer der Ozean sind. Befreiung ist genau JETZT.

Bitte sag uns Blinden irgendetwas Verblüffendes, dass wenigstens mal ein (!) Auge aufgeht.

Da gibt es nicht »mehr« zu sehen als das, was nicht schon hier und jetzt da ist. Auch nicht mit einem Auge. Überall, wo ihr gerade seid, und bei allem, was ihr gerade tut; ich sehe nicht mehr als ihr. Ihr seht, wenn schon, „scheinbar“ mehr als ich. Oder besser gesagt: Ihr denkt, ihr müsstet mehr sehen. Ihr interpretiert mehr in DAS hinein, was einfach nur da IST.

Doch – ihr kennt die Antwort bereits – auch diese Interpretation ist die Einladung der Einheit an euch, Befreiung als das zu akzeptieren, was sie ist: das absolut Unspektakulärste, was man sich vorstellen kann! Deshalb braucht es nichts Verblüffendes. Ist es nicht schon verblüffend genug, dass euch nichts von der Freiheit trennt? Ich kann euch weder etwas geben, noch etwas wegnehmen, da es nicht nötig ist. Entspannt euch und wartet nicht auf ein spezielles Ereignis. Die vermeintliche Warterei IST das Ereignis! Ihr habt die Brille auf und die Augen offen. Feiert diese Tatsache jeden Moment. Die banalen, unspektakulären und unspirituellen Papierseiten dieses Buches, auf die ihr jetzt gerade schaut, SIND ES.

Diese und noch viel mehr Fragen und Antworten findest du im Buch „Einfach frei: Das Ende der spirituellen Suche nach Erleuchtung“. Bitte bestelle es direkt via Online-Buchhandel oder in deiner bevorzugten Buchhandlung.